Christbaum

Besinnlicher Lockdown

Mal ganz ehrlich: Wie oft haben wir uns in den vergangenen Jahren über eine mehr hektische denn besinnliche Zeit vor Weihnachten beklagt? Einkäufe, Weihnachtsfeiern, ein Punsch da, ein Punsch dort ließen uns nicht zur Ruhe und Besinnung kommen.
Heuer könnte doch wegen des Lockdowns alles ganz anders sein. Ob Lockdowns eine sinnvolle Maßnahme zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sind oder nicht, ob überhaupt rechtens und verhältnismäßig, soll uns hier einmal nicht weiter beschäftigen. Vielmehr die Frage, wie wir aus dieser - wenn auch erzwungenen - besinnlichen Zeit, das beste machen können.

Bewusster Medienkonsum: Wenig zur Besinnlichkeit trägt die Berichterstattung der Einheitsmedien bei. Eine Schreckensmeldung jagt die nächste, Krankheit, Tod und Verderben allgegenwärtig, die nächste Virenmutation noch ansteckender und schrecklicher, die neuesten Freiheitseinschränkungen noch rigoroser. Dauerbeschallung von der Früh bis zum Abend, die Titelseiten der Zeitungen voll mit Corona und auch in den sozialen Netzwerken entkommt man dem Thema nicht. Jedenfalls nicht, wenn wir uns dem nicht bewusst entgegenstellen. Üben wir uns in Verzicht! Informieren wir uns bewusst, wir müssen ja auch darüber informiert sein, was wir gerade aktuell dürfen und was nicht, das ändert sich ja auch alle paar Tage. Aber suchen wir Informationen in Medien, die nüchtern und sachlich berichten und nicht nur reißerisch die allgemeine Weltuntergangsstimmung befeuern. Bewusster Medienkonsum heißt auch, ich bestimme, wann und wo ich mich informiere und lasse mich jedenfalls nicht rund um die Uhr mit Negativem berieseln.

Bewusst Entscheidungen treffen: Jede Krise bedeutet auch eine Chance. Die Welt nach der Krise wird eine andere sein, als sie es zuvor war. Ob es eine bessere wird oder nicht, gestalten wir selber mit. Jedenfalls die Welt für uns selber.
Altes ist vergangen, Neues ist geworden. Soll die neue Welt nur der Abklatsch der alten Welt sein? Mit allen ihren sozialen Ungerechtigkeiten, mit aller Umweltzerstörung, Massentierhaltung, mit Kriegen und Hungersnöten? Was habe ich für eine Vision von der Welt nach Corona? Was kann ich dazu beitragen, dass sie sich realisiert?
Sind die Menschen, mit denen ich zusammenlebe und zusammenarbeite, die richtigen? Fühle ich mich in ihrer Nähe gut, geben sie mir Kraft oder rauben sie mir Kräfte? Habe ich Freundschaften vernachlässigt? Wen kann ich treffen, wen anrufen oder wem schreiben?
Ist mein Job der richtige? Ist das Land, in dem ich lebe, das richtige? In einer Krise zeigen Menschen ihr wahres Gesicht. Egal ob Mitmenschen oder Regierende. Andere Länder gehen anders (und offenbar erfolgreicher) um mit der Krise. Frei nach Wilhelm Busch: Schön ist es auch anderswo. Hier bin ich ja sowieso.

Bewusst mir selber Gutes tun: Es gibt so vieles, das mit gut tut und noch nicht verboten ist. Spazierengehen, Sport betreiben, gute Musik hören, Bücher lesen, mich weiterbilden, etwas machen, was ich immer schon machen wollte, aber noch nicht dazugekommen bin. Welcher Traum lässt sich verwirklichen oder zumindest träumen? Wo kann ich die ersten Schritte wagen?

Bewusst vergeben: Wer hat sich mir gegenüber rüppelhaft benommen oder mich angepöbelt? Wer ist mir gegenüber schuldig geworden? Vergeben befreit! Wo bin ich mir selber gegenüber schuldig geworden, wo Gott gegenüber, wem von meinen Mitmenschen gegenüber bin ich schuldig geworden und muss um Vergebung bitten?
Vergeben und Vergebung erfahren lässt Altes los, öffnet den Blick und das Herz für Neues, für das Kommende, für den Kommenden.

Bewusst mich auf das Kommen der Herrn vorbereiten: Advent bedeutet Ankunft. Einmal die Ankunft Jesu vor 2000 Jahren, die wir als Christen zu Weihnachten feiern. In eine dunkle Zeit, in der die Römer das Land Israel brutal besetzt hatten, die Zügel straff gezogen und nur wenig Solidarität mit den Unterdrückten geübt wurde. Und einmal die Wiederkunft, die wir erwarten, die Erlösung aus Knechtschaft, Unterdrückung und Verstrickung in Schuld und Sünde heute.
Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn es nahet eure Erlösung! (Lk 21,28)
Die Krise, vordergründig eine Gesundheis-, politische und gesellschaftliche Krise, hat auch eine spirituelle Dimension. Worauf haben wir unseren Fokus gerichtet? Lassen wir uns von den tagtäglichen Schreckens- und Katastrophenmeldungen in Beschlag nehmen oder richten wir unsere Blicke auf zum kommenden Herrn? Beherrscht uns die Sorge um den Alltag, um Gesundheit, Virenfreiheit, also um das irdische Leben oder bereiten wir dem Herrn den Weg, erwarten wir das Reich Gottes, das nahegekommen und schon mitten unter uns ist und vertrauen wir letztendlich darauf, dass unsere Erlösung von Gott kommt und nicht von noch so genial ausgetüftelten (tatsächlich eher stümperhaften und wirren) Strategien?
Die Menschen in vergangenen Jahrhunderten und auch heute haben im Advent gebetet, gesungen, Gottesdienste gefeiert, Buße getan und die Sakramente empfangen. Das ist für viele Menschen heute nicht mehr selbstverständlich, christliche Gemeinschaften tun genau das heute auch noch und laden dazu ein.

Fürchtet Euch nicht! Die einen fürchten sich vor dem Virus und vor einer schweren Erkrankung, die anderen vor willkürlichen und unverhältnismäßigen Maßnahmen, einem verlorengegangenen wissenschaftlichen Diskurs und Demokratieabbau. Auf welcher Seite wir auch stehen, wenn wir Angst haben, finden wir uns in dem alten Adventlied wieder:
Also rief in langen Nächten einst die Welt, ein weites Grab! In von Gott verfluchten Gründen herrschten Satan, Tod und Sünden.
Doch "Fürchte dich nicht" ist die Botschaft des Engels an Maria, "Fürchte dich nicht", die Botschaft des Engels an Josef, "Fürchtet euch nicht" die Botschaft des Engels an die Hirten, "Fürchtet euch nicht", die Botschaft des Engels an die Frauen am leeren Grab und "Fürchtet euch nicht" die Botschaft des Auferstanden an seine Jünger.
An den zentralen Stellen der Heilsgeschichte - der Geschichte vom Sieg des Lebens über den Tod - also die Botschaft "Fürchtet euch nicht"! Fürchten ist das Gegenteil von Vertrauen und Glauben. Wer Vertrauen hat, kann sich nicht fürchten, wer sich fürchtet, kann nicht vertrauen. Furcht ist kein gutes Gefühl, sie lähmt und blockiert das rationale Denken, macht uns manipulierbar und lässt uns Peiniger als Retter erscheinen (Stockholm-Syndrom).
"An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen" - wer bzw. was bringt mir gute bzw. schlechte Früchte? Wo finde ich Angst und Schrecken, wo Frieden, Freude und Zuversicht?
Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen und ein schlechter Baum keine guten. (Mt 7,18)
Der Ruf "Fürchtet euch nicht" ergeht an die Menschen vor zweitausend Jahren, die Botschaft "Fürchtet euch nicht" richtet sich aber genauso auch an uns heute. Glauben wir nicht denen, die uns in Furcht und Schrecken versetzen und Tod und Verderben herbeireden, sondern den Stimmen der Hoffnung, der Wahrheit und der Vernunft. Im Vertrauen auf Gott, der Mensch geworden ist.

Darum geht es zu Weihnachten, worauf wir uns im Advent vorbereiten. Advent und Weihnachten müssen gar nicht "gemütlich" (im Sinne von friedseligem Punschtrinken am Weihnachtsmarkt und unzähligen privaten wie beruflichen Weihnachtsfeiern) sein, sondern still und besinnlich. Fokussiert auf das, worum es im Advent geht: Dem Herrn den Weg zu bereiten und sein Kommen zu erwarten! Der das wirkliche Heil und Befreiung aus allen Ängsten und Unterdrückung bringt!

In diesem Sinne eine besinnliche (Lockdown-) Zeit!

veröffentlicht am 07.12.2021

 

Disclaimer/Rechtliche Hinweise: Dieser Artikel zu kontroversiell diskutierten Themen stellt die persönliche Meinung des Autors dar und ist nicht als medizinische, psychologische oder sonstige Beratung zu verstehen!